31.08.2011
Neues zur Privat-Gebührenordnung GOÄ
In den letzten Monaten wurde verschiedentlich gemeldet, dass im Bundesgesundheitsministerium nun endlich etwas ernsthafter an der Überarbeitung der Privatgebührenordnung für Zahnärzte und danach für Ärzte gearbeitet werde. Insbesondere die Öffnungsklausel von PKV-Verbänden für Einzelverträge zwischen Versicherungen und Ärzten/Ärztegruppen – gegen die sich Zahnärzte wie Ärzte heftig wehren – liefert Stoff für Debatten.
Dabei ist die Novellierung der Amtlichen Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ) wohl weiter fortgeschritten als die der Amtlichen Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ), zu der es im Ministerium offenbar noch keinen fertigen Entwurf gibt. Umso begrüßenswerter ist es, dass sich die Bundesärztekammer seit 2006 bemüht, einen eigenen Vorschlag einzubringen. Diese völlig umgestaltete GOÄ soll die strukturellen Mängel beseitigen, die die bisherige Fassung von 1982 mit den Änderungen von 1988 und 1996 aufweist.
Den aktuellen Stand finden Sie im Deutschen Ärzteblatt, insbesondere im Absatz „Der Vorschlag der Bundesärztekammer für eine neue GOÄ“. Weitere Hintergrundinformationen enthält ein Artikel in der Ärztepost.
Das GOÄ-Konzept der Bundesärztekammer
Positiv ist, dass sich die Bundesärztekammer in einem sehr offenen Diskussionsprozess mit Berufsverbänden und Fachgesellschaften austauscht – etwa am 13. Juli 2011 in Berlin mit Verbänden der Hausärzte und der komplementärmedizinischen Richtungen.
Der GOÄ-Ansatz der Bundesärztekammer fußt auf einer Neubeschreibung des ärztlichen Leistungsspektrums, das den Fortschritt bei Diagnostik und Therapie, Operations- und Medizintechnik ebenso berücksichtigt wie den demografischen Wandel. Den Ausgangspunkt für die Entlohnung bildet ein fiktives Arzthonorar. Zu diesem werden Personal-, Geräte und allgemeine Praxiskosten addiert. Diese finanziellen Belastungen sollen – für jede einzelne Tätigkeit nachvollziehbar – aufgelistet sein, wodurch die insgesamt 4.000 unterschiedlichen ärztlichen Leistungen vergleichbar werden.
Dieses Konzept soll die sprechende Medizin stärken. Inwieweit es dazu kommen wird, bleibt abzuwarten – schließlich liegt das Thema seit Jahrzehnten allen offiziellen Vertretern am Herzen, doch die Resultate sind dürftig.
Berücksichtigung von Akupunktur und Chinesischer Arzneitherapie
Aus dem Blickwinkel der Akupunktur und Chinesischen Arzneitherapie zeigen die Formulierungen der Bundesärztekammer zur GOÄ-Novellierung gute Ansätze, aber noch erhebliche Mängel und Nachbesserungsbedarf.
1) Akupunktur
• Die Akupunktur wird weiterhin nur auf die Akupunktur bei Schmerzen bezogen. Inzwischen ist ihre Wirksamkeit aber nicht nur bei Schmerzen in höchster Evidenzstufe gesichert, sondern auch bei vielen anderen Indikationen sehr gut belegt (z.B. Allergie, Übelkeit und Erbrechen verschiedener Genese, psychoemotionale Störungen, Schlafstörungen, Reizdarmsyndrom, Herzinsuffizienz, gynäkologische und urologische Erkrankungen).
Es ist ein Widerspruch, dass die Bundesärztekammer für die „Zusatzbezeichnung Akupunktur“ Kenntnisse zu diesen Erkrankungen verlangt, sie jedoch im GOÄ-Entwurf nicht berücksichtigt. Wenn dieser Textpassus nicht geändert wird, sind auch künftig Streitigkeiten zwischen Patienten und ihren Versicherungen vorprogrammiert: Die Patienten haben weiterhin keinen Rechtsanspruch auf die Erstattung dieser Akupunkturbehandlungen, und die Ärzte sind gezwungen, im Analogverfahren abzurechnen.
• Eine richtige Lösung ist, dass die Leistungsziffer der Akupunktur nur die eigentliche Behandlung umfassen soll. Damit könnten Beratungs- und Untersuchungsleistungen, die fast immer zur Akupunkturbehandlung dazugehören, zu jeder Sitzung und nicht nur einmal im Behandlungsfall abgerechnet werden.
• Ebenfalls erfreulich ist, dass die Moxibustion als eigenständige Leistung vorgesehen ist. Dies schafft Klarheit.
2) Chinesische Arzneitherapie
Der spezifischen Anamneseerhebung in der Chinesischen Medizin und der Chinesischen Arzneitherapie wird zu wenig Rechnung getragen.
• Zwar sind nun neben Kurzberatung (bis 10 Minuten) und Beratung (bis 20 Minuten) Ziffern für Beratungen über 20 Minuten sowie eine Ziffer für „Spezifische Beratungsleistung – mindestens 60 Minuten“ vorgesehen. In den begleitenden Texten wird jedoch den Besonderheiten bei Akupunktur und Chinesischer Arzneitherapie, die sich aus der gleichzeitigen Anamnese und Diagnosestellung während der Befragung ergeben, nicht Rechnung getragen.
Die Texte zur Leistung einer einstündigen Befragung und Therapiefestlegung beziehen sich ausschließlich auf die Homöopathie (wie bisher) sowie auf Schmerztherapie und Onkologie. Andere Fachgebiete wie Naturheilverfahren, Umweltmedizin, Allergologie und eben die Chinesische Medizin müssten weiterhin im Analogverfahren eingebracht werden – was auch hier Rechtsunsicherheit schafft, anstatt sie zu beseitigen.
• Es fehlt eine adäquate Leistung für die Erstellung einer Chinesischen Arzneirezeptur. Sie müsste der homöopathischen Fallrepertorisation gleichgestellt werden.
• Die vegetative Funktionsdiagnostik (alte GOÄ Nr. 831), über die die Zungen- und Pulsdiagnostik bisher mehr schlecht als recht dargestellt werden, wird in den neuen GOÄ-Entwurf übernommen. Allerdings ist sie hier als Tätigkeit ausgewiesen, die fast ausschließlich von Assistenzpersonal durchgeführt werden soll und entsprechend geringer bewertet ist. Hier bedarf es einer eigenständigen Leistungsziffer für Zungen- und Pulsdiagnose.
• Es fehlen außerdem Leistungsziffern für Schröpfen und blutiges Schröpfen (jetzige GOÄ Nr. 747 und Nr. 748) sowie eine Leistungsziffer für die Soft-Laserbehandlung nach den Regeln der Akupunktur. Beide Leistungen werden in der Praxis der Chinesischen Medizin häufig erbracht – ihr Fehlen würde zu Rechtsunsicherheit und Streit führen.
Bitte verfolgen Sie dieses Thema weiterhin im Deutschen Ärzteblatt. Sobald die DÄGfA Neuigkeiten hört, werden wir Sie informieren. Es sieht im Moment jedoch nicht danach aus, als hätte die Chinesische Medizin – insbesondere die Akupunktur und die Chinesische Arzneitherapie – eine starke Lobby, nicht einmal innerhalb der Bundesärztekammer.
Bitte bedenken Sie bei allen Informationen, dass die DÄGfA als wissenschaftliche Fachgesellschaft die Bundesärztekammer zwar in der Ausformulierung der Leistungslegenden beraten kann, auf die finanziellen Auswirkungen der GOÄ jedoch keinen Einfluss hat.