„Traumata mit Akupunktur behandeln“ stand im Fokus des diesjährigen 4. Symposiums Akupunktur und Psychiatrie vom 17.11.2018 in München. Schon das 3. Mal fand das Symposium in Kooperation mit der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Klinikums der Universität München (LMU, Direktor: Professor Dr. Peter Falkai) statt und wurde maßgeblich von Dr. Richard Musil, Oberarzt der Spezialstation für Borderline-Störungen an der LMU München und Leiter der Fachkommission Akupunktur und Psychiatrie der DÄGfA, organisiert.
Über 60 Teilnehmer fanden sich im Alzheimer-Saal der Psychiatrischen Klinik ein und verfolgten gespannt die vielseitigen Vorträge.
Dr. med. Richard Musil eröffnete das Symposium und führte in seinem Vortrag zum Einen inhaltlich in das Thema Trauma ein, verdeutlichte die Wichtigkeit und Aktualität des Themenschwerpunktes und setzte andererseits wissenschaftliche Akzente. Zwar gibt es bereits einige vielversprechende Studien, letztlich fehlt es aber an großen Studien von guter Qualität als Voraussetzung, um Akupunktur flächendeckend in dieser Indikation in der Psychiatrie etablieren zu können.
Dr. med. Jürgen Schottdorf, Allgemeinmediziner in eigener Praxis in Friedberg, stellte die von ihm entwickelte Methode zur Behandlung von Traumata und Kränkungen mit palpations-basierter Akupunktur vor. Anschaulich skizzierte er die Rahmenbedingungen, die verschiedenen Behandlungsschritte und stellte erste Daten zur Effektivität der Methode vor. Besonders hervorzuheben ist die Tatsache, dass im Rahmen der Akupunkturbehandlung eine Konfrontation mit dem Trauma erfolgt, was gemäß aktuellem Stand der Psychotherapieforschung der entscheidende Aspekt einer Trauma-zentrierten Psychotherapie darstellt.
Im Folgenden referierte Dr. med. Adriane Röbe, Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie, Allgemeinmedizin und Vorstandsmitglied der NADA-Schweiz, tätig in psychotherapeutischer Praxis in Augsburg, über ihre Erfahrungen mit Akupunktur bei Patienten mit Borderline-Störung und Traumatisierung. In zahlreichen Fallbeispielen zeigte sie die positive Wirkung, aber auch mögliche Fallstricke in der Behandlung mit NADA- und Körperakupunktur bei dieser Patientengruppe auf und ging dabei insbesondere auf die Besonderheiten von Setting und Beziehungsgestaltung ein.
Dipl.-Psych. Kati Eisfeldt-Räder berichtete eindrücklich von den Erfahrungen aus der Traumaambulanz der Universitätsklinik Carl-Gustav-Carus in Dresden, wo sie als psychologische Psychotherapeutin tätig ist und die NADA-Ohrakupunktur sowohl im Gruppen-Setting, aber auch in der Einzelpsychotherapie (z.B. als Unterstützung während oder nach der Therapie) in der klinischen Routine der Therapie mit komplexen Traumafolgestörungen angewandt wird. Spannend war insbesondere ihr psychologisch-psychotherapeutischer Blickwinkel auf die Akupunktur als hilfreiches zusätzliches Therapiewerkzeug und Bereicherung für die etablierten psychotherapeutischen Verfahren.
Dr. med. Elisabeth Friedrichs, Fachärztin für Allgemeinmedizin, sowie Dozentin und Vorstandsmitglied der Medizinischen Gesellschaft für Qigong Yangsheng, berichtete sehr lebendig von ihren Erfahrungen bei der Etablierung einer NADA-Gruppe für traumatisierte Flüchtlinge. Beherzt war 2015 in Augsburg von einigen Ärzten der Arbeitskreis «Flucht und Trauma» ins Leben gerufen worden, welcher durch die Referentin moderiert wird. Neben vielen bewegenden Erfahrungen, galt und gilt es jedoch auch diverse politische und kulturelle Hürden zu überwinden, wobei die NADA-Akupunktur insgesamt sehr gut angenommen und als hilfreich erlebt wurde.
Dr. med. Nicolas Behrens, niedergelassener Facharzt für Physikalische Medizin mit Schwerpunkt Schmerztherapie/Psychosomatik/Akupunktur und Dozent der DÄGfA spannte in seinem Vortrag über körpertherapeutische Interventionen zur Traumatherapie den Bogen zwischen psychischen und körperlichen Symptomen bei Patienten mit Traumatisierung. Untermauert mit einer Vielzahl an Beispielen stellte er sein therapeutisches Vorgehen basierend auf der Methode Psychotonik Glaser® vor.
Dr. rer. nat. Larissa Wolkenstein, psychologische Psychotherapeutin, Supervisorin (VT) und akademische Oberrätin am Lehrstuhl für Klinische Psychologie und Psychotherapie der LMU München und stellvertretende Leiterin der Psychotherapeutischen Hochschulambulanz (Traumaambulanz) schloss mit ihrem State-of-the-Art Vortrag über die Grundlagen und Behandlungsmöglichkeiten der Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) den ersten Teil des Symposiums ab. Dabei ging sie insbesondere auf die aktuelle Evidenz in der Psychotherapieforschung ein und skizzierte das Vorgehen der einzelnen Methoden.
Nach den Impulsvorträgen, welche jeweils von lebhaften Diskussionen begleitet wurden, bestand am Nachmittag die Möglichkeit die Inhalte der Referate in Form von Workshops zu vertiefen. In den vier verschiedenen Workshops, welche jeweils in einer zweiten Runde wiederholt wurden, standen praktische Erfahrungen und intensiver Austausch im Vordergrund. So konnten die Teilnehmer in den Workshops von Dr. med. Jürgen Schottdorf und Dr. med. Nicolas Behrens jeweils direkte Erfahrungenen mit den vorgestellten Methoden sammeln und diese selbst ausprobieren. Im Workshop von Dr. med. Adriane Röbe wurde insbesondere auf die Beziehungsgestaltung im Rahmen der Akupunktur in der Arbeit mit Borderlinepatienten Bezug genommen, während im Workshop von Dipl.-Psych. Kati Eisfeldt-Räder NADA direkt erfahrbar war und auf die Besonderheiten des NADA-Settings im Rahmen der Psychotherapie eingegangen wurde.
Am Folgetag bot sich die Möglichkeit im Kurs M3 K09 der Meisterausbildung „Akupunktur in Psychiatrie und Psychosomatik“ tiefer in die unterschiedlichen Teilbereiche der Psychiatrie und deren Behandlung in der traditionell chinesischen Medizin unter Bezugnahme auf die jeweiligen schulmedizinischen Aspekte einzutauchen, oder aber sich im Spezialkurs von Dr. med. Jürgen Schottdorf «Psychische Traumata, Kränkungen und chronischer Schmerz – ein neues Therapiekonzept mit Japanischer Akupunktur» intensiver mit der am Vortag vorgestellten Methode auseinanderzusetzen und diese in vielen praktischen Übungen zu erlernen.
Das nächste Symposium Akupunktur und Psychiatrie wird im November 2020 stattfinden.
Der nächste M3 K09 Psychiatrie/Psychosomatik inkl. FK findet vom 12.10.2019 – 13.10.2019 in München statt. Hier buchen.
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