Bericht: Symposium „Akupunktur in der Behandlung psychiatrischer und psychosomatischer Erkrankungen“

VORTRÄGE

Priv.-Doz. Dr. Dominik Irnich, Klinik für Anästhesiologie, Interdisziplinäre Schmerzambulanz Campus Innenstadt, Ludwig-Maximilians-Universität München sowie Leiter des Fortbildungszentrums der Deutschen Ärztegesellschaft für Akupunktur (DÄGfA), eröffnete das 2. Symposium „Akupunktur in der Behandlung psychiatrischer und psychosomatischer Erkrankungen“. Er begrüßte die etwa 100 interessierten Kolleginnen und Kollegen, die am 14.11.2015 an das Max-Planck-Institut für Psychiatrie nach München gekommen waren.

Irnich erinnerte an die sehr lange Geschichte der Behandlung psychiatrischer Krankheitsbilder mit Akupunktur in der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM). Seit ihrer Gründung 1951 hat sich auch die DÄGfA intensiv mit diesem Thema auseinandergesetzt. Pioniere wie Bachmann, Gleditsch und Wancura haben schon früh Parallelen zwischen psychosomatischer Medizin und der ganzheitlichen Sichtweise der TCM hergestellt. Darüber hinaus hat die DÄGfA die Entwicklung der Akupunktur nach dem NADA-Protokoll bei Sucht seit Beginn dieser Bewegung in den USA unterstützt. Irnich drückte seine große Freude darüber aus, dass die Akupunktur bei psychiatrischen und psychosomatischen Erkrankungen in den Universitätskliniken angekommen ist und bei fachspezifischen DÄGfA-Kursen gelehrt wird. Die wissenschaftliche Evaluation und kritische Prüfung möglicher Indikationen sowie die Integration der Akupunktur in bestehende Therapiekonzepte ist für die DÄGfA als Fachgesellschaft essentieller Bestandteil.

Dr. Stefan Kloiber, Max-Planck-Institut für Psychiatrie in München, berichtete in seinem ersten Vortrag über die Etablierung der Ohrakupunktur nach dem NADA-Protokoll in der Klinik und in den Tagkliniken des Instituts seit 2014. Seither ist die NADA-Ohrakupunktur fester Bestandteil des therapeutischen Programms. Bei Patienten mit verschiedenen psychiatrischen Erkrankungen (zur Reduktion von Anspannung und Unruhe, bei Schlafstörungen, bei Angstsymptomen, bei Entzugssymptomen etc.) wird sie mit Erfolg und bei sehr guter Verträglichkeit komplementär eingesetzt.

Die Dozenten des Symposiums (v.l.n.r.): Dr. Peter Summa-Lehmann, Dr. Richard Musil, Dr. Johannes Fleckenstein, Jürgen Mücher, Priv.-Doz. Dr. Dominik Irnich, Dr. Stefan Kloiber, Dr. Bastian Wollweber und Till Nierhaus, M.Sc., Dipl.-Ing. (FH).

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Dr. Bastian Wollweber, Max-Planck-Institut für Psychiatrie in München, präsentierte erste Anwendungsbeobachtungen der Etablierung von Ohrakupunktur nach dem NADA-Protokoll als Gruppentherapie im Rahmen eines stationären und tagklinischen Therapiekonzepts zur Behandlung insbesondere von depressiven Störungen. Die in Einzelfallbeobachtungen gewonnenen Ergebnisse weisen darauf hin, dass NADA-Akupunktur bei Personen mit einem depressiven Syndrom – im Vergleich zu anderen, ebenfalls auch einzeltherapeutisch anwendbaren Verfahren wie beispielsweise Progressive Muskelentspannung (PMR) – möglicherweise stärkere kurzfristige Effekte auf bestimmte Symptome hat. Dazu gehören die Besserung der momentanen psychischen Befindlichkeit (gemessen mittels Bf-SR Befindlichkeits-Skala von Zerssen), die Besserung der Stimmung und die Abnahme von Unruhe (jeweils ermittelt per MDBF, Mehrdimensionaler Befindlichkeitsfragebogen, Steyer et al.) sowie die Abnahme von Angst (laut numerischer Ratingskala). Aufgrund der kurzfristigen Wirksamkeit bei Personen mit einem depressiven Syndrom, die sich auch im Langzeitverlauf weiter zeigt, könnte NADA-Ohrakupunktur nicht nur als komplementäre Dauertherapie, sondern auch als bedarfsweise Behandlung und Akuttherapie depressiver Störungen geeignet sein.

In seinem Vortrag referierte Dr. Peter Summa-Lehmann, ehemaliger Chefarzt der Psychiatrischen Fachklinik Düren sowie NADA Deutschland, über die strukturierte Anwendung des NADA-Protokolls am Beispiel der Behandlung von Patienten mit Abhängigkeitserkrankungen und Posttraumatischen Belastungsstörungen. Je nach Bedarf kann diese standardisierte Ohrakupunktur als Kurzintervention eingesetzt werden und/oder in Kombination mit störungsspezifischen Therapiemodulen als Therapie in der Gruppe. Die Grundhaltung von Achtsamkeit und Empathie ermöglicht es – ergänzt durch Modifikation des Settings –, auch Patienten mit Posttraumatischer Belastungsstörung sicher im Rahmen des jeweiligen Gesamttherapiekonzepts in einer Gruppe zu behandeln.

Jürgen Mücher, Arzt für Naturheilverfahren und Akupunktur, Bremen, sowie DÄGfA-Dozent, referierte in seinem Vortrag über die wichtigsten Grundlagen für das Verständnis der Psyche in der Chinesischen Medizin. Ausgehend von den „Drei Schätzen“ Geist, Qi und Essenz stellte er mit den Fünf Speicherorganen die Instanzen vor, in welchen diese Kräfte im Organismus wirksam werden und in denen fünf spezifische Aspekte des Geistes mit je einer Gruppe von körperlichen Funktionen in inniger Verbindung stehen. Darauf aufbauend besprach er die Symptome, die aus einer Störung dieser psychosomatischen Einheit resultieren.

In seinem Vortrag stellte Dr. Richard Musil, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Ludwig-Maximilians-Universität München, Ideen zur Integration von Konzepten der chinesischen Medizin in moderne Psychotherapieverfahren vor. Die inneren pathogenen Faktoren oder emotionalen Aspekte der Fünf-Wandlungsphasen-Theorie ähneln dabei Vorstellungen der Basisemotionen. Ein Vorteil der chinesischen Konzepte sind die wechselseitigen Beziehungen der Emotionen und damit therapeutische Beeinflussungsmöglichkeiten, wie sie in klassischen Texten beschrieben sind. Dies lässt sich bei der Arbeit mit PatientInnen im Sinne einer Emotionsregulation – besonders im Rahmen von imaginativen Übungen und Arbeit an inneren Kindanteilen – einsetzen. Auch synergistische Effekte auf die Lernfähigkeit im psychotherapeutischen Prozess durch eine Kombination von nicht-invasiven Hirnstimulationstechniken mit Psychotherapieverfahren, wie dies bereits für die Gleichstromstimulation gezeigt wurde, wären mit Elektrostimulationsakupunktur denkbar. Darüber hinaus bietet die chinesische Medizin eine Vielzahl von Anleitungen zur gesunden Lebensführung (Yangsheng), die eine Psychoedukation gewinnbringend erweitern kann.

Dr. Johannes Fleckenstein, Abteilung Traditionelle Chinesische Medizin und Akupunktur, Institut für Komplementärmedizin KIKOM, Universität Bern, sowie Institut für Sportwissenschaften, Abteilung Sportmedizin, Goethe-Universität Frankfurt am Main, ging in seinem Vortrag auf den Zusammenhang zwischen Schmerzen und Psyche ein. Das biopsychosoziale Schmerzmodell steht dabei als möglicher Erklärungsansatz im Mittelpunkt einer adäquaten Behandlung. Anschaulich zeigte er anhand von Daten aus klinischen Studien, dass eine Akupunkturbehandlung sowohl das Schmerzempfinden als auch psychische Symptome zu lindern vermag. Tierexperimentelle Arbeiten legen dabei nahe, dass diese Effekte durch eine Ausschüttung körpereigener Peptide, die in den „Belohnungszentren“ des Gehirns wirken, vermittelt werden.

Till Nierhaus, M.Sc., Dipl.-Ing. (FH), Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften in Leipzig sowie MRT – Center for Cognitive Neuroscience Berlin, Freie Universität Berlin, berichtete über Akupunktur aus neurophysiologischer Sicht, wobei die Verwendung von Akupunkturnadeln als komplexe somatosensorische Stimulation angesehen werden kann. In seinem Vortrag beschrieb er zunächst, wie die somatosensorische Reizverarbeitung generell mittels Elektroenzephalographie (EEG) oder funktioneller Magnetresonanztomographie (fMRT) abgebildet werden kann. Anschließend wurden die Ergebnisse einer Akupunkturstudie vorgestellt und die beobachteten Akupunkturpunkt-spezifischen Effekte im Rahmen einer möglichen Schmerzmodulation durch Akupunktur diskutiert.

Dr. Stefan Kloiber rückte in seinem Vortrag zu Akupunktur bei Stress-assoziierten Erkrankungen zwei wichtige, an der Stressverarbeitung beteiligte biologische Mechanismen in den Vordergrund: das Stresshormonsystem und das vegetative Nervensystem. In einer Zusammenfassung der wissenschaftlichen Literatur stellte er verschiedene Studien vor, die darauf hinweisen, dass sich diese Stresssysteme durch Akupunktur positiv beeinflussen lassen. In den einzelnen Studien hatte sich Akupunktur bei depressiven Symptomen, Angstsymptomen, Schlafstörungen und posttraumatischen Störungen als wirksam erwiesen. Besonders wurden dabei die komplementäre Anwendung von Akupunktur bei depressiven Erkrankungen zusätzlich zu einer Pharmakotherapie sowie die Anwendung bei Patienten mit Depression und Schmerzerkrankung hervorgehoben. Insgesamt fehlt es jedoch aktuell noch an wissenschaftlicher Evidenz, um klare Empfehlungen aussprechen zu können.

 

WORKSHOPS

Dr. Peter Summa-Lehmann diskutierte mit den Teilnehmern seines Workshops die Einsatzmöglichkeiten der standardisierten Fünf-Punkte-Kombination (NADA-Protokoll) im Einzel- und im Gruppensetting bei unterschiedlichen Praxisfeldern. Darüber hinaus wurden Möglichkeiten der akuten Hilfe für Flüchtlinge (z.B. Einsatz von Ohrakupunktur) offen und kontrovers erörtert.

Dr. Stefan Kloiber stellte in seinem Workshop zur Ohrakupunktur bei psychischen Erkrankungen das Behandlungskonzept der NADA jenem der klassischen Ohrakupunktur gegenüber. Er präsentierte Ohrakupunkturpunkte und Punktkonzepte der Ohrakupunktur bei psychischen Störungen und Symptomen, die bisher überwiegend auf einer empirischen Grundlage basieren. Zudem diskutierte er mit den Teilnehmern aktuelle und interessante Studien zu Ohrakupunktur bei psychischen Symptomen und Erkrankungen.

Dr. Richard Musil präsentierte Fälle aus seiner klinischen Praxis, die besondere Indikationsgebiete für einen Einsatz von Ohr- und Körperakupunktur bei depressiven PatientInnen beschreiben. Diskutiert wurden der Einsatz von Akupunktur bei Schwangeren, Akupunktur zur Therapie von begleitenden Körpermissempfindungen bei Depressionen sowie Akupunktur zur Unterstützung bei metabolischen Nebenwirkungen einer psychopharmakologischen Behandlung.

Jürgen Mücher erörterte in seinem Workshop über die Psychosomatik emotionaler Störungen aus Sicht der Chinesischen Medizin deren Konzepte von Basisemotionen in Form der Fünf Willenskräfte und der Sieben Leidenschaften. Für letztere erklärte er deren mögliche schädigende Einflüsse auf die Fünf Speicherorgane und die jeweils zugehörige psychische und somatische Symptomatik. Anhand von Beispielen erläuterte er die in diesen Situationen geeigneten Behandlungsstrategien mit Akupunktur und Chinesischer Arzneitherapie.

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Das nächste Symposium „Akupunktur zur Unterstützung psychiatrischer Therapiekonzepte“ in Kooperation mit der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Ludwig-Maximilians-Universität München, ist für den 12.11.2016 geplant.

 

 

Bericht: Überraschende Aspekte und überzeugende Methoden: Das 4. Symposium Muskel und Faszie – Update und Praxis

Bereits zum vierten Mal fand am 24.10.2015 in München das Symposium „Muskel und Faszie – Update und Praxis“ statt. Veranstalter waren, wie in den Vorjahren, die Deutsche Ärztegesellschaft für Akupunktur e.V. (DÄGfA) in Kooperation mit der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU). Das Thema Muskel und Faszie wurde auf dieser qualitativ hochwertigen Veranstaltung von allen Seiten beleuchtet, intensiv diskutiert und am Nachmittag in Workshops geübt – von den wissenschaftlichen Grundlagen über diagnostische Methoden bis hin zu verschiedenen Therapieempfehlungen.

Mit seinem Vortrag „Eine kritische Bestandsaufnahme der wissenschaftlichen Grundlagen der Triggerpunkte“ eröffnete Prof. Dr. Siegfried Mense, Center for Biomedicine and Medical Technology Mannheim (CBTM), Heidelberg University, Medical Faculty Mannheim, das Symposium. Mense konnte aufzeigen, dass die Grundlagenforschung noch wesentliche Erkenntnisse zum Verständnis myofaszialer Schmerzen, dem Phänomen Triggerpunkt und dem übertragenen Schmerz (Referred Pain) gewinnen muss. Er führte aus, dass die Entstehung myofaszialer Triggerpunkte als dynamischer Prozess zu verstehen ist. Möglicherweise entwickelt sich der klinisch relevante übertragene Schmerz durch Ausbreitung spinaler Einflussgebiete. Beteiligt kann unter anderen der NGF (Nerve Growth Factor) sein, wie Mense mit eigenen Befunden zeigte. Aber auch hier ist noch viel Forschung nötig.

Der Orthopäde Dr. Hannes Müller-Ehrenberg aus Münster, 1. Vorsitzender der Medizinischen Gesellschaft für Myofasziale Schmerzen e.V. (MGMS), führte in die Prinzipien der klinischen Untersuchung von myofaszialen Schmerzen ein. Obschon es in den letzten Jahren vielversprechende Fortschritte in der bildgebenden Diagnostik zur Darstellung von myofaszialen Triggerpunkten gegeben hat, ist die klinische Untersuchung – und hier im Vordergrund die exakte Palpation der Muskeln und Faszien – von entscheidender Bedeutung, um myofasziale Schmerzen zu diagnostizieren. Herausgestellt wurde die Wichtigkeit der exakten palpatorischen Untersuchung, weil, wie die Studienlage belegt, qualifizierte Untersucher eine hohe Zuverlässigkeit der Triggerpunkt-Untersuchung erzielen (Interrater-Reliabilität). Anhand von eigenen Studiendaten wies Müller-Ehrenberg auf die Bedeutung der fokussierten extrakorporalen Stoßwelle (fESWT) in der Diagnostik von myofaszialen Triggerpunkten hin: Mit der fESWT lassen sich die bedeutenden Diagnosekriterien „Wiedererkennung“ und „Übertragungsschmerz“ häufiger auslösen als mit der herkömmlichen Palpation. Am Beispiel des Knieschmerzes skizzierte er einen Untersuchungsgang und legte die Bedeutung von myofaszialen Schmerzen an diesem Kniegelenk dar. Besonders herausgestellt wurde die Tatsache, dass die Untersuchung auf myofasziale Schmerzen nicht den herkömmlichen neuro-orthopädischen Untersuchungsgang ablöst, sondern diesen erweitert, um so ein besseres Verständnis der Beschwerden der Patienten zu erzielen.

Dr. Johannes Fleckenstein, Institut für Komplementärmedizin IKOM, Universität Bern, und Abteilung für Sportmedizin, Goethe-Universität Frankfurt, präsentierte ein „Update klinischer Studien“. Neben dem Nachweis der klinischen Wirksamkeit des Dry Needlings stellte er die Bedeutung einer fachgerecht durchgeführten Diagnostik myofaszialer Schmerzsyndrome auf das Studienergebnis dar. Eine zunehmende Anzahl von Wissenschaftlern stützt ihre Ergebnisse auf die diagnostischen Kriterien von Simon und Travell und unterscheidet insbesondere zwischen aktiven und latenten Triggerpunkten. Nicht nur Dry Needling ist ein effektiver Ansatz – auch Infiltrationen (Wet Needling) mit Lokalanästhetikum, manuelle Therapien und vor allem die Kombination dieser Verfahren in multimodalen Behandlungssettings verbessern langfristig myofasziale Beschwerden.

Die Referenten des Symposiums (v.l.n.r.): Dr. Johannes Fleckenstein, Dr. Nicolas Behrens, Prof. Dr. Siegfried Mense, Dr. Hannes Müller-Ehrenberg, PD Dr. Dominik Irnich, Dr. Maximilian Fütterer.

Dr. Maximilian Fütterer, Facharzt für Innere und Allgemeinmedizin, Lehrpraxis der Technischen Universität München, führte in seinem Vortrag die theoretischen Grundlagen der Neuraltherapie aus und wies dabei auf die zentrale Stellung des vegetativen Nervensystems als wichtigstes Steuerungssystem bei körperlichen Störungen hin. Er hob die – im Vergleich zur Technik des Dry Needlings – aus seiner Sicht bestehende zusätzliche Wirksamkeit bei der Verwendung von Lokalanästhetika für die Therapie des myofaszialen Schmerzsyndroms hervor. Hierbei kam er insbesondere auf die erkennbaren Vorteile des Procains zu sprechen. Wichtig war ihm zu betonen, dass der Triggerpunkt aus ganzheitlicher Sicht keine isolierte muskuläre Erscheinung ist: Vielmehr muss er als Ausdruck einer gestörten segmentalen, ggf. auch übersegmentalen oder emotionalen Regulation aufgefasst und therapiert werden. Hierbei bietet die Neuraltherapie viele unterschiedliche Ansatzpunkte, welche oft mit Erfolg eingesetzt werden können.

PD Dr. Dominik Irnich, Leiter der Interdisziplinären Schmerzambulanz, Oberarzt der Klinik für Anaesthesiologie, Klinikum der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU), wies in seinem klinisch orientierten Beitrag über „Myofaszial bedingte Nervenengpasssyndrome der oberen Extremität“ zunächst auf die Bedeutung der klinischen Untersuchung hin. Diese erlaubt bereits eine Differenzierung zwischen einem von Triggerpunkt ausgelösten übertragenen Schmerz und einem myofaszial bedingten neuropathischen Schmerz (Nervenengpasssyndrom). In der Folge wurden die wesentlichen Engpasssyndrome dargestellt, von Plexus brachialis (Scalenussyndrom, M. pectoralis minor, DD 1. Rippe), N. ulnaris (M. flexor carpi ulnaris, M. flexor digitorum superficialis und profundus, DD Sulcus N. Ulnaris Syndrom), N. medianus (M. flexor carpi radialis, M. flexor digitorum superficialis, M. palmaris longus, DD KTS, M. pronator teres, M. flexor digitorum superficialis) und N. radialis (M. supinator, M. brachioradialis, M. extensor carpi radialis longus und brevis). Es wurde deutlich, dass bei Schmerzen und Funktionsstörungen der oberen Extremität an Nervenengpasssyndrome gedacht werden muss und diese in vielen Fällen klinisch differenziert werden können. Aus Erfahrung kann dann eine spezifische Triggerpunktbehandlung eine operative Lösung überflüssig machen.

Dr. Nicolas Behrens, Arzt für Physikalische Medizin und Rehabilitation, München, ging in seinem Vortrag „Welche Haltung stresst Muskel und Faszie“ zunächst auf die bekannten Auslöser einer anhaltenden Muskeltonusstörung mit möglicher Entwicklung von Triggerpunkten ein. Dabei stellte er heraus, dass biomechanische Faktoren wie Beinlängendifferenz eher überbetont werden. Wesentlicher bei der Entstehung chronischer Beschwerden sind die inneren Haltungsstörungen im Sinne einer dysfunktionalen Einstellung, allen voran Depression und Angst. Deren Korrelation mit chronischen Rückenschmerzen ist klinisch signifikant, experimentell nachgewiesen der tonuserhöhende Effekt eines hyperaktivierten Sympathikus bei Stress, z.B. nach Traumata. Haltung und Muskulatur werden chronisch schmerzhaft, wenn der Umweltbezug, die Beziehung gestört ist. Sinnvolle, somato-psychische Therapiemöglichkeiten unter Integration der Akupunktur, Neuraltherapie und auf dem Leitbahnsystem basierender Körpertherapie (Psychotonik Glaser®) wurden als Ausblick dargestellt.

Auch der Spezialkurs „Triggerpunkt-Akupunktur für Fortgeschrittene“ (Dozenten: Dr. N. Behrens, Dr. J. Fleckenstein, PD Dr. D. Irnich) am darauf folgenden Tag fand regen Zuspruch. _____________________________________________________________________________

Aufgrund der vermehrten Nachfrage für eine weiterführende Spezialisierung plant das Fortbildungszentrum der DÄGfA eine Systematisierung der Ausbildung zum Triggerpunkt-Therapeuten.

KBV und GKV setzen Dokumentationsprüfungen für Akupunktur aus

Die folgende Mitteilung erschien im Newsletter des Deutschen Ärzteblatts und wird hier unkommentiert wiedergegeben.

Dokumentations­prüfungen für Akupunktur werden ausgesetzt

Berlin – Die Dokumentationsprüfungen für die Akupunkturbehandlungen chronisch schmerzkranker Patienten sind für die nächsten zwei Jahre nicht mehr verpflichtend vorgeschrieben. Darauf haben sich die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) verständigt. Für Ärzte verringert sich demnach der mit der Überprüfung verbundene bürokratische Aufwand.

Die Qualitätssicherungsvereinbarung sieht eine jährliche stichprobenartige Überprüfung der ärztlichen Dokumentationen von Akupunkturbehandlungen vor. Laut KBV wurden dabei in den vergangenen Jahren bundesweit jeweils etwa 10.000 Fälle von den QS-Kommissionen begutachtet.

Aufgrund der geringen Zahl von Beanstandungen verständigten sich KBV und GKV-Spitzenverband nun darauf, die Dokumentations­prüfungen auszusetzen: Vom 1. Januar 2016 bis 31. Dezember 2017 sind diese Prüfungen nicht mehr verpflichtend. Den KVen steht es jedoch frei, die Überprüfung auf freiwilliger Basis weiterhin vorzunehmen. Die KBV und der GKV-Spitzenverband wollen bis spätestens Ende Juni 2017 über die Fortführung der Prüfungen oder weitere Maßnahmen beraten.

Das Aussetzen der Prüfungen ändert der KBV zufolge aber nichts an der Verpflichtung der Ärzte, den Therapieplan sowie die Eingangs- und Verlaufserhebung in der Patientenakte zu dokumentieren. © hil/aerzteblatt.de

Quelle: www.aerzteblatt.de, 20.11.2015

 

 

 

Bericht: QZ-Moderatoren-Grundschulung am 17./18.10.2015 im München

„Moderation ist doch vielfältiger als ich gedacht habe.“

Wie auch in den vergangenen Jahren gestalteten Stephanie Baumann und Gabriela Huemer die beiden Tage gemeinsam, um den Teilnehmern der Moderatoren-Grundschulung am 17. und 18.10.2015 in München möglichst viel Handwerkszeug für die Gründung und Moderation eines Qualitätszirkels (QZ) mitzugeben.

Am ersten Tag ging es hauptsächlich um die formalen Voraussetzungen zur Gründung eines QZ, um die Gewinnung von Kollegen, um Finanzierung, fachliche Themengebiete sowie geeignete Lokalitäten und die notwendige Ausstattung bzw. sinnvolle Materialien für einen Moderator. Neben den Richtlinien der DÄGfA zur Anerkennung eines QZs erläuterte Gabriela Huemer auch die Bedingungen der Ärztekammer sowie die der KVs. Mit den Themen „Kommunikation“, „Umgang mit schwierigen Situationen“, „Bedeutung von Körpersprache“, „Feedback nehmen und geben“, „Motivation“ sowie Einblicke in die unterschiedlichen Verhaltenstypen schloss der erste Tag ab.

Am Sonntag drehte sich alles um die Vorgehensweisen in den einzelnen Phasen des Moderationszirkels sowie um individuelle Fragen der Teilnehmer. Moderieren wurde anhand von verschiedenen Übungen „im geschützten Raum“ ausprobiert.

Stephanie Baumann stellte unterschiedliche Materialien zur Visualisierung sowie Möglichkeiten zum Sammeln und Auswählen von Themen vor, stets unter dem Gesichtspunkt: „Wie mache ich eine Gruppe arbeitsfähig?“

 

 

Aus dieser Grundschulung heraus kamen Wünsche nach Vertiefung einiger Themen. Von daher stehen bei der nächsten Moderatoren-Aufbauschulung im Juni 2016 „Visualisierungstechniken“ im Mittelpunkt, mit deren Hilfe die unterschiedlichsten Situationen in einem QZ bearbeitet werden können.